Gähnen
Gähnen und mitgähnen
Wir gähnen. Eine ganz alltägliche Handlung, die oft unbewusst geschieht. Nur – warum veranlasst Gähnen andere, die es beobachten, oft ebenfalls zu dieser Reflexreaktion?
Das Phänomen des ansteckenden Gähnens fasziniert Wissenschaftler schon seit Langem. Studien zeigen, dass das Gähnen eines Menschen die Eigenschaft aufweist, andere in seiner Umgebung ebenfalls zum Gähnen zu bringen. Es scheint also sozial ansteckend zu sein.
Beim Miteinander-Gähnen spielt Müdigkeit offenbar keine grosse Rolle. – Depositphotos
Eine mögliche Erklärung dafür, dass Gähnen «ansteckend» ist, liegt in der Empathie. Menschen sind soziale Wesen und neigen dazu, die Emotionen und Handlungen anderer zu spiegeln. Wenn wir jemanden gähnen sehen, aktiviert das eine Art Spiegelneuronen in unserem Gehirn. Sie veranlassen uns dazu, das gleiche Verhalten zu zeigen.
Ausserdem scheint die emotionale Nähe zwischen Personen dabei eine grosse Rolle zu spielen. Je stärker wir uns mit jemandem, der gähnt, verbunden fühlen, desto wahrscheinlicher ist es, dass dessen Gähnen auf uns überspringt. Das sind die Ergebnisse einer Studie an der Universität Pisa aus dem Jahr 2011 unter 109 Probanden.
Übrigens spricht für diese Theorie auch, dass Gähnen bei Kindern erst ab etwa vier Jahren ansteckend ist. Ungefähr in diesem Alter prägt sich die Fähigkeit zur Empathie aus.
Interessant ausserdem: Zwar sagt man Frauen oft eine höhere Empathie nach. Aber in der Untersuchung zeigte sich, dass beim Phänomen ansteckendes Gähnen Geschlecht oder Nationalität nicht wirklich von Bedeutung sind.
Vorsicht, bitte nicht einschlafen!
Ein weiterer, sozialer Aspekt beim ansteckenden Gähnen scheint das Thema Sicherheit zu sein. Eine Studie des Evolutionsbiologen Andrew Gallup von der State University of New York folgert nach Untersuchungen:
Das sogenannte «Mimikry-Gähnen» könnte dazu dienen, die Aufmerksamkeit und die Alarmbereitschaft einer Gruppe zu erhöhen. Und zwar, indem es das Verhalten in einer Gruppe synchronisiert und Individuen auf mögliche Veränderungen vorbereitet.
Gemeinsames Gähnen kann als Weckruf dienen, um die Schläfrigkeit von Individuen zu kompensieren. Dieses Verhalten ist nicht nur ein Zeichen kollektiver Müdigkeit. Die Synchronisation kann dazu beitragen, die Wachsamkeit der Gruppe zu steigern und dass sie als Ganzes schneller auf Bedrohungen reagiert.
Das zeigten Experimente, in denen Personen nach dem Betrachten von Gähnvideos schneller bedrohliche Stimuli identifizierten.
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